Die Relevanz des Hüftbeugers
Rückenschmerzen, Hüftweh oder Kniebeschwerden, wer hätte gedacht, dass das Problem gar nicht an diesen Stellen liegt, sondern in vielen Fällen der Hüftbeuger dafür verantwortlich ist? Dem ist ganz oft so und besonders in der Schwangerschaft und nach Geburt leidet dieser wichtige Beugemuskel an Verspannung - und Achtung: Schwäche! Das hat u.a. mit den physiologischen Veränderungen in der Schwangerschaft zu tun. Ein aktiver Lifestyle und spezielle Kräftigungsübungen helfen aber Beschwerden deutlich zu lindern und vor allem prophylaktisch auch eine gute Hüftbeuger-Gesundheit sicherzustellen! Warum das so wichtig ist, erfährst du in diesem Blogartikel.
Anatomie des Psoas
Dein Hüftbeuger (= M.Psoas / Psoasmuskel) befindet sich unter deinen Hüftknochen und ist ein - wie der Name schon verratet - Beugemuskel! Er verbindet die Wirbelsäule mit deinen Beinen und beeinflusst damit automatisch deine Haltung, Beweglichkeit, Skelett-Balance und auch deine Organgesundheit. So wie jeder Beugemuskel sollte auch der Hüftbeuger flexibel UND stark sein! Ist dem der Fall geniessen wir einen gesunden und stabilen Rumpf sowie körperliches Wohlbefinden!
Der Psoas Muskel wächst aus beiden Seiten der Wirbelsäule heraus. Er befindet sich seitlich vom 12. Brustwirbel und überspannt jeden deiner 5 Lendenwirbel. Der Psoas ist nicht nur mit deiner Wirbelsäule und Beinen verbunden, sondern auch durch Bindegewebe mit dem Zwerchfell und anderen Organen. Dadurch beeinflusst der Hüftbeuger auch deine Durchblutung, die Organfunktionen und wichtig für uns Schwangere oder Mamas: die Atmung!
Sein Aufgaben sind demnach mitunter:
Stabil stehen und vorwärts gehen
Stabilisierung der Wirbelsäule und Aufrechte Haltung
Unterstützung der Durchblutung
Steuerung auch der Zwerchfellatmung
Entspannung der unteren Wirbelsäule (sowie der inneren Organe)
Wie du an dieser Illustration gut siehst, sind diese 4 Muskeln (Psoas, gerader Oberschenkelmuskel, Oberschenkelbindenspanner und Darmbeinmuskel) ganz deutlich an der Beugung und Stabilität deiner Hüfte beteiligt, sie haben aber auch eine wichtige Verbindung zu deinem Knie und deiner Wirbelsäule. Verkürzte Hüftbeuger können deshalb auch unterschiedliche Beschwerden auslösen:
Rückenschmerzen
Hüftschmerzen
Knieschmerzen
Was Stress mit einem verspannten Psoas zu tun hat
Ganz spannend: Über dein oberster Halswirbel ist der Psoas mit unserem Reptiliengehirn (= Amygdala) verbunden, in diesem Bereich in unserem Gehirn liegt auch der „Flight-or-Fight-Reflex“, der uns in gefährlichen Situationen (oder heutzutage eher “stressigen Alltagssituationen”) mit einer ordentlichen Portion Epinephrin (Adrenalin) versorgt! Was bedeutet diese Verbindung denn nun? Nun ja, der Psoas Muskel reagiert demnach besonders empfindlich auf Stress und verspannt sich dadurch sehr schnell. Macht evolutionsbiologisch auch Sinn. Bei Gefahr haben Säugetiere den Reflex “wegzurennen”, so zieht sich auch bei uns der Hüftbeugemuskel reflektorisch zusammen (als würden wir uns ready machen zum losspringen…).
Gleichzeitig ist der echte Feind des Psoas das Sitzen! Im Alltag ist der Psoas oftmals über längere Zeit in einer gebeugten Position fixiert (= eben zbsp. dem Sitzen). Aber auch Bewegungsmangel führt nicht nur zu einer Inmobilität und Schwächung des Muskels (if you don’t use it - you loose it…) sondern eben auch zu einem erhöhten Stresspegel, da wir von Natur aus Bewegungstiere sind!
Was die Schwangerschaft und Mutterschaft damit zu tun hat
Der Psoas kann in der Schwangerschaft und Rückbildung aus dem Gleichgewicht geraten, vor allem bei Mamas, die sehr lange sitzen (auf der Arbeit oder beim stundenlangen Stillen) oder gerne in eine vordere Beckenkippung gleiten (Lordose, oder oft sichtbar und beschreibbar als ‘Entenpo’). Gerade die Haltung ‘verschlechtert’ sich in der Schwangerschaft durch den wachsenden Bauch und ist auch in den ersten Monaten nach Geburt suboptimal, weil die gesamte Muskulatur schwach und ausser Balance geraten ist.
Warum Dehnen das Problem nicht lösen wird
Hört man den Begriff “Verspannung” und auch “verspannter Psoas” denkt man sehr oft direkt an’s Dehnen. Doch Fakt ist, der Psoas ist (in den meisten Fällen) nicht verspannt, weil er “einfach zu stark” ist, sondern weil er meistens viel zu schwach ist! Und diese konkrete Schwäche ist meistens in der Hüftbeuger- aber auch Kniesehnenmuskulatur zu finden. Merke Dir: Stärke und Kraft ist das A und O für weniger Beschwerden in der Schwangerschaft und Postpartum (kann aber auch allgemein gesagt werden).
Wenn du keine starken (…oder besser fitten) Hüftbeuger hast, wird sich diese Muskulatur verzweifelt anspannen, um sich Stabilität zu verschaffen. Falls dies schon der Fall ist, solltest du zuerst daran arbeiten, die Beweglichkeit in der Hüfte zu verbessern und danach die Muskulatur wieder zu stärken!
Tipps in der Schwangerschaft und Postpartum
Mehr Bewegung im Alltag
Mindestens 30 Minuten Spazieren
Dehnen und Mobility täglich für ein paar Minuten
Hüftbeuger gezielt kräftigen
Hintere Muskelkette und Knie kräftigen mit Übungen
Haltungsschule (korrekte Haltung einnehmen im Sitzen, Stehen, Gehen)
In allen Mamaklub Online Kursen (Rückbildung und bald auch der Schwangerschaftskurs) gehen wir auf die Bedürfnisse des Hüftbeugemuskels ein: wir dehnen und kräftigen den Psoas gezielt und aufbauend!
Dehnübungen
Stufe 1: Kniende Lunge-Pose
Stufe 2: Warrior 1
Stufe 3: Diagonal Stretch
2. Kräftigungsübungen (Schwangerschafts-Safe)
Sehr zu empfehlen: Diagonal Stretch
Reverse Squat liegend mit Elastikband (Postpartum)
Leg-Lifts stehend mit Miniband (in Schwangerschaft)
Leg Lifts (hanging) (ausschliesslich Postpartum)
Leg Raise sitzend über Objekt
Übungsnamen der Reihe nach (von links oben nach rechts unten):
Kniende Lunge Pose
Warrior 1 / Lunge stehend optional mit Stretch zur Seite (weg vom gestreckten Psoas)
Diagonal Stretch
Leg Lifts stehend mit Miniband
Leg Raise sitzend über ein Objekt
Leg Raise (hängend)